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Aus- und Weiterbildung für optimale Patientenversorgung

© MTD Austria, Renate Möllinger, Franz Morgenbesser, Peter Provaznik (3), Kurier, © Shutterstock (2), PERI Onlineexperts (2), Bernhard Bergmann, Oreste Schaller, Peter Provaznik (3), Kargl

Aus- und Weiterbildung für optimale Patientenversorgung

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Beim 12. PRAEVENIRE Gipfelgespräch für die Erstellung des Weißbuchs „Zukunft der Gesundheitsversorgung“ widmeten sich die Expertinnen und Experten der Aus- und Weiterbildung. | von Mag. Dren Elezi, MA

 

Um das Grundziel, den Erhalt einer solidarischen Gesundheitsversorgung der österreichischen Bevölkerung, zu gewährleisten, muss die Ausbildung für Medizinerinnen und Mediziner und für Gesundheitsdienstleister auf dem höchst-möglichen Standard gehalten werden, waren sich die Expertinnen und Experten beim 12. PRAEVENIRE Gipfel­­gespräch zum Thema Ausbildung für die Erstellung des Weißbuchs „Zukunft der Gesundheitsversorgung“ einig. Die Dauer der Ausbildung, bessere Führungskompetenz von zukünftigen Führungskräften und eine interdisziplinäre Ausbildung, wie auch die Förderung der Kommunikationsfähigkeiten, waren die wesentlichen Punkte, die von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern eingehend diskutiert wurden.

„Das medizinische Wissen verdoppelt sich rasant, weshalb es wichtig ist, die Rahmenbedingungen dementsprechend anzupassen, um vom Wissensfortschritt nicht abgehängt zu werden, sondern davon zu profitieren. Das heißt, man kann in einem Medizinstudium ein gewisses Grundlagenwissen vermitteln, muss dann relativ rasch fachspezifisch vorgehen“, betonte Univ.-Prof. Dr. Lars-Peter Kamolz, Leiter der Klinischen Abteilung für plastische, ästhetische und rekonstruktive Chirurgie. Für Kamolz wäre es wichtig, dass sich Ärzt­innen und Ärzte auf ihre zentrale Kompetenz konzentrieren können, während für Bereiche wie die Dokumentation unterstützende Berufe förderlich wären. Zudem habe die Corona-Pandemie gezeigt, wie wichtig Fähigkeiten wie Führung bzw. Führungskompetenz sind und daher bereits sehr früh entwickelt werden sollten. Gleichzeitig bestehe in den Bereichen Aus- und Weiterbildung Aufholbedarf, um etwa medizinische Berufe für die nächsten Generationen möglichst attraktiv zu gestalten.

Attraktivierung der Ausbildung

Die Ausbildung und die Tätigkeitsfelder im Gesundheitswesen sollen insgesamt attraktiver gestaltet werden. Darüber hinaus sollen finanzielle Anreizsysteme für Quer- und Wiedereinsteigerinnen bzw. Wiedereinsteiger geschaffen werden, denn insbesondere für diese sei laut den Expertinnen und Experten die Finanzierung und Lebenserhaltung während der Ausbildung ein wichtiger Punkt. Hon.-Prof. (FH) Dr. Bernhard Rupp, MBA, Leiter der Fachabteilung Gesundheitspolitik der Arbeiterkammer NÖ, betonte, dass es eine „Attraktivitätssteigerung benötigt bzw. man mehr Leute für Pflege- und Gesundheitsberufe gewinnen muss, die mit finanziellen Anreizen verbunden sein müssen. Eine Akademisierung wird nicht ausreichen. Es müssen nämlich auch die Rahmenbedingungen entsprechend geschaffen werden. Hier geht es vor allem um ein Miteinander und Kommunizieren auf Augenhöhe bzw. um ein Anerkennen der Leistung. Hier sehe ich noch Optimierungspotenzial.“

Mag. Kurt Schalek, Referent in der Abteilung Gesundheitsberuferecht und Pflegepolitik der Arbeiterkammer Wien, betonte, dass das Thema der Attraktivierung nicht nur in der Pflege ein Thema sei, sondern auch in vielen anderen Gesundheitsberufen. „Wir haben einen steigenden Bedarf an Personen, die neu in den Beruf einsteigen müssen, damit wir das erforderliche Niveau an qualifizierten Menschen im Gesundheits- und Pflegewesen haben. Das sind Menschen, die haben einen anderen Beruf erlernt, entwickeln dann ein Interesse für einen Berufswechsel und wollen in den Pflegeberuf einsteigen, scheitern aber häufig an der Frage der Finanzierbarkeit der Ausbildung.“

Es benötigt eine Attraktivitätssteigerung bzw. man muss mehr Leute für die Berufe gewinnen, die mit finanziellen Anreizen verbunden sein müssen.

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Kontrovers diskutiert wurde das Thema der Verlängerung der Ausbildungsdauer bei nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen. Die Anforderungen an eine qualitative und spezifische Versorgung sind sehr hoch und die medizinische Wissensverdoppelung stellt eine Herausforderung dar, beides spricht daher für eine Verlängerung der Ausbildung, sprach sich Hebamme Mag. (FH) Beate Kayer für eine Verlängerung der Ausbildung aus, um den Spezialisierungen damit auch einen größeren Stellenwert zu ermöglichen. „Das Problem bei den nicht-ärztlichen Gesundheitsberufen ist generell die Ausbildungsdauer. Die beträgt nur sechs Semester, das ist sehr kurz, um bestimmte Bereiche wie etwa chronisch kranke Schwangere weiter zu vertiefen.“ Zudem betonte Kayer, dass es mit zwei hebammen­spezifischen Masterstudiengängen nach dem Bachelor nicht ausreichend Möglichkeiten der Weiterbildung gebe. „Es gibt eigentlich zwei spezifische Hebammen-Master, die selbst zu finanzieren sind. Und für Hebammen gibt es keine Möglichkeit, ein Doktorat oder einen PhD zu machen“, merkte Kayer kritisch an.

Demgegenüber steht der Mangel bzw. der steigende Bedarf an Fachkräften. Für eine optimale Betreuung der Patientinnen und Patienten wurde auch die Akademisierung von nichtärztlichen Gesundheitsberufen diskutiert, um eine State-of-the-Art-Versorgung und fachliche, evidenzbasierte Perspektiven in die Praxis einfließen lassen zu können und einen Zugang zum wissenschaftlichen Arbeiten zu ermöglichen. „Es handelt sich also um ein Grundwerkzeug, damit die Fachkräfte lernen, wie man wissenschaftliches Wissen generieren kann, eine wissenschaftliche Studie liest und erkennt oder ob es sich um eine qualitätsvolle Studie handelt“, ergänzte Anna Papaioannou, Bakk., vom Fachsekretariat des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbands. Dr. Erwin Rebhandl, Präsident der OBGAM, Allgemeinmediziner und Mitinhaber eines Primärversorgungszentrums in OÖ fügte hinzu, dass „eine gute Ausbildung, hochgradiges Wissen, für alle vorteilhaft ist, denn je mehr die Menschen ausgebildet sind, umso besser funktioniert dann schließlich auch die Kommunikation auf Augenhöhe.“

Optimierungspotenzial in der Ausbildung

Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer, Dekan der Fakultät für Gesundheit und Medizin an der Donau-Universität Krems, merkte an, dass eine Akademisierung der Gesundheitsberufe mit einer Zunahme der Lehrinhalte bzw. Aufstockung der Semester hinsichtlich eines Masterdegrees wichtig sei, die wichtigere Frage sei aber, „ob ein gemeinsames Modul zu Beginn der Ausbildung Sinn macht, da es eine gemeinsame Sprache benötigt, um sich auszutauschen. Wir sehen aber, dass es in der Weiterbildung gut funktioniert, da alle hier bereits ihre eigene Berufssprache sprechen und wissen, welche Anlagen sie haben.“

Den Expertinnen und Experten zufolge, gebe es auch Optimierungsbedarf bei der Standardisierung von Aus- und Weiterbildung sowie die Möglichkeit gemeinsamer Lehrveranstaltungen im Sinne einer gemeinsamen Basisausbildung, nach der sich die Berufsgruppen in einzelnen Zweigen spezialisieren können. „Die Auszubildenden bräuchten dafür jedoch die Freiheit und Wahlmöglichkeit einer Weiterentwicklung in anderen Bereichen und eine flexiblere Auswahl der Lehrveranstaltungsinhalte“, so Papaioannou. Zudem müssten die Schwerpunkte genau definiert sein, da nicht alle Gesundheitsberufe die gleichen Kerngebiete und Tiefe benötigen. Ebenso müsse es eine stärkere vertikale Durchlässigkeit im System geben, dank der Personen in Assistenzberufen durch Qualifikationsmöglichkeiten Aufstiegschancen bekommen.

Zum Wohle der Patientinnen und Patienten empfanden die Teilnehmenden dieses PRAEVENIRE Gipfelgesprächs zum Thema „Ausbildung“ die kommunikativen Kompetenzen als besonders wichtig. „Personen, die in Gesundheitsberufen tätig sind und über die notwendigen kommunikativen Kompetenzen verfügen, sollen sich untereinander, aber vor allem auch mit den Patientinnen und Patienten, auf Augenhöhe begegnen, um auch ein stärkeres Miteinander zu fördern und die Sorgen der Patientinnen und Patienten zu verstehen“, forderte Mag. Christina Nageler, Geschäftsführerin der IGEPHA. Aus ihrer Sicht besteht in den Ausbildungen der Gesundheitsberufe beim Schwerpunkt Kommunikation Optimierungspotenzial, da dieser Bereich lediglich aus fachlicher Perspektive behandelt wird. Dies bestätigte auch Anna Papaioannou: „Die Kommunikation in diesem Arbeitsbereich ist etwas, das man nicht nur theoretisch, sondern auch in der Praxis erlernen muss. Da braucht es noch in den Praktika Voraussetzungen, um unter Anleitung bzw. der Schaffung einer gewissen Situation Szenarien auszuprobieren. Erst mit der Erfahrung, gerade in der Pflege, lernt man wie man, mit verschiedenen Menschentypen und unterschiedlichen Charakteristika am optimalsten umgeht.“

Das medizinische Wissen verdoppelt sich rasant, wes­­halb es wichtig ist, die Rahmenbe­dingungen dementsprechend anzupassen, um vom Wissensfortschritt nicht ab­gehängt zu werden, sondern davon zu profitieren.

Lehren aus der Corona-Krise

Auch die derzeitige Corona-Krise brachte einige wichtige Diskussionspunkte zum Vorschein. Zum einen die Idee von ‚Blended Learning‘, „bei dem Vorteile von Präsenzveranstaltungen und e-Learning kombiniert werden. Die Digitalisierung im Gesundheitswesen kann die Ausbildung und Versorgung zwar optimieren, aber nicht den persönlichen Kontakt bzw. die Präsenzeinheiten und Kommunikationstrainings ersetzen“, merkte die stellvertretende Leiterin des Department für Wirtschaft und Gesundheit an der Donau-Universität Krems, Ph.Dr. Andrea Gruber, MSc, MBA, an. Rebhandl betonte, dass „die Digitalisierung ein wichtiges unterstützendes Werkzeug ist — wie etwa Wissens­datenbanken, wo tiefergehendes Wissen sofort zur Verfügung steht, beispielsweise bei Seltenen Erkrankungen, aber die persönliche Kommunikation mit den Patientinnen und Patienten bzw. mit den Kolleginnen und Kollegen niemals ersetzen kann. Gleichzeitig betonte er, dass es ein System benötige, das die Qualität der Angebote im Internet überprüft und zertifiziert. Abschließend appellierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Gipfelgesprächs, dass das Gesundheitssystem finanziell gestärkt werden müsse, da die Krise gezeigt habe, dass bestehende Einrichtungen schnell überfordert sein können, wenn ständig an der Ressourcengrenze gearbeitet wird. Public-Health-Themen sowie die Stärkung der Gesundheitskompetenz müssen auch wieder mehr in den Mittelpunkt gerückt werden.

Gesundheitsexpertinnen und -experten erörterten beim Praevenire Gipfel­gespräch per Videokonferenz das Thema Ausbildung.

1    Andrea Gruber

2   Lars-Peter Kamolz

3   Beate Kayer

4   Christina Nageler

5   Stefan Nehrer

6   Erwin Rebhandl

7   Bernhard Rupp

8   Kurt Schalek

Anna Papaioannou (ohne Bild)

Themenkreis Ausbildung

Für das Weißbuch „Zukunft der Gesundheitsversorgung“ wirken u. a. mit:

Mag. pharm. Monika Aichberger

Dr. Gerald Bachinger

Dr. Alexander Biach

DGKS Ursula Frohner

Univ.-Prof. Dr. Michael Gnant, PhD

PhDr. Andrea Gruber, MSc, MBA

Andreas Huss, MBA Mag. Gabriele Jaksch

Univ.-Prof. Dr. Lars-Peter Kamolz

Mag. (FH) Beate Kayer

Mag. Michaela Langer

Mag. pharm. Dr. Ulrike Mursch-Edlmayr

Mag. Christina Nageler

Univ.-Prof. Dr. Stefan Nehrer

Anna Papaioannou, Bakk.

Dr. Karin Pfaller-Frank, MSc

Dr. Erwin Rebhandl

Univ.-Prof. Dr.Alexander Rosenkranz

Mag. Silvia Rosoli

Hon.-Prof. (FH) Dr. Bernhard Rupp

Mag. Martin Schaffenrath, MBA, MBA, MPA

Mag. Kurt Schalek

MR Dr. Johannes Steinhart

Dr. Peter Stippl

Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Hannes Stockinger

ao. Univ.-Prof. Dr. Thomas Szekeres, PhD

Mag. pharm. Thomas W. Veitschegger

Stand: 6. august 2020

Statements zum Thema Aus- und Weiterbildung:

„Es wird zunehmend wichtiger, Bildungssilos aufzubrechen und inter- und multiprofessionellen Elementen mehr Beachtung zu schenken. Der Zusammenschluss der Berufsgruppen (Biomedizinische Analytiker, Diätologen, Ergotherapeuten, Logopäden, Orthoptisten, Physiotherapeuten, Radiologietechnologen) unter dem Dach der gehobenen medizinisch-technischen Dienste MTD-Austria, schafft Synergien und ermöglicht effizientes Agieren in der Gesundheitslandschaft.“ Mag. Gabriele Jaksch | Präsidentin MTD-Austria

 

„Seit 2007 erfolgt die Ausbildung zum Logopäden bzw. zur Logopädin an FHs und wird abgeschlossen mit Bakkalaureat und Berufsberechtigung. Studierende erwerben neben einer wissenschaftlich fundierten Ausbildung u. a. auch praktisch-therapeutische Kompetenzen anhand von diversen Praktika. Für den vielfältigen Beruf, der Menschen aller Altersgruppen mit Störungen der Kommunikation und der Nahrungsaufnahme betreut, sind diese besonders wertvoll.“ Dr. Karin Pfaller-Frank, MSc | Präsidentin von logopädieaustria

 

„Physiotherapeutinnten und -therapeuten tragen einen wesentlichen Teil zu einem patientenorientierten Gesundheits- und Versorgungssystem bei. Um zukünftige Personalsicherheit für die Physiotherapie und allgemein im Gesundheits- und Pflegebereich sicherzustellen, braucht es Investitionen in attraktive Ausbildungen und gute Arbeitsbedingungen. Nur so können junge Menschen motiviert werden, diesen herausfordernden Beruf zu ergreifen.“ Constance Schlegl, MPH | Präsidentin von Physio Austria

 

„Ausbildung ist auch für Ärztinnen und Ärzte nicht nur im Spital zu verstehen: Die Möglichkeit, im Rahmen der Lehrpraxis bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten zu arbeiten und Erfahrungen zu sammeln, ermöglicht, den Praxisalltag hautnahe kennenzulernen. Die Lehrpraxis gibt zentrale Im­pulse für die Wahl des Berufes als Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner oder auch bei einigen Fächern als Fachärztin oder Facharzt und trägt zum Erlernen der optimalen Versorgung bei.“ MR Dr. Johannes Steinhart | Vizepräsident der Ärztekammer für Österreich und Wien

 

„Im Zuge einer zeitgemäßen Aus- und Weiterbildung sind PsychotherapeutInnen zu motivieren, die komplexen Herausforderungen mit FachärztInnen gemeinsam zu lösen. Interdisziplinäres Miteinander und lokale Vernetzung sind zielführender als konkurrierendes Denken zwischen Arzneimittel- und Psychotherapie. Dieses Miteinander optimiert die Versorgung durch Verminderung von Reibungsverlusten und steigert die Adhärenz.“ Dr. Peter Stippl | Präsident des Österreichischen Bundesverbandes für Psychotherapie

 

„Das Berufsbild des Pharmazeuten muss den neuen Gegebenheiten angepasst und modernisiert werden. Das heißt, dass die Aus-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten in Richtung klinischer Pharmazie, Polypharmazie, Sozial- und Kommunikationsfähigkeit sowie Betreuung chronisch Kranker forciert werden sollten. Außerdem sollte der Beruf der pharmazeutisch-kaufmännischen Assistenz aufgewertet werden, damit dieser noch attraktiver wird.“ Mag. pharm. Thomas W. Veitschegger | Vizepräsident Apothekerverband Österreich

Fotocredits: © MTD Austria, Renate Möllinger, Franz Morgenbesser, Peter Provaznik (3), Kurier, © Shutterstock (2), PERI Onlineexperts (2), Bernhard Bergmann, Oreste Schaller, Peter Provaznik (3), Kargl

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