Gesunde Zukunft | Folge 7
Sommer, Sonne, Strand – und Selbstzweifel. Eine Familie verbringt ihren Urlaubsnachmittag unter Palmen. Die Mutter im Schatten, um der Hautalterung vorzubeugen, der pubertierende Sohn in der Sonne, um den Oberkörper bräunen zu lassen. Er müsse jetzt endlich mal Muskeln aufbauen, doch irgendwie klappt es nicht mit dem Trainingsstart. Der Papa klagt über seinen Bauchumfang, den er vor der Zeit diverser Lockdowns noch besser im Griff hatte. Er müsse jetzt endlich mal abnehmen, aber irgendwie schafft er das derzeit nicht. Der Stresspegel in der Arbeit ist hoch und im Urlaub ist es dann schlicht zu heiß für Bewegung. Und – obwohl sie regelmäßig Sport betreibt – stellt auch die Mama fest: Der Bikini sitzt nicht mehr so ganz. Angekommen in der zweiten Pubertät des Lebens muss man ganz schön hart trainieren, um den Körper in Form zu halten.
LR Dr. Juliane Bogner-Strauß
Landesrätin für Bildung, Gesellschaft, Gesundheit und Pflege
Dabei könne man mit ausreichend Bewegung 20 Jahre lang 40 bleiben, wie Professor Dr. Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln meint. Gute Aussichten. Doch der Selbstzweifel bleibt. Einzig der Kleine spielt unbeschwert im Sand, reitet sorgenfrei die wildesten Wellen und freut sich des Lebens. Für ihn ist es noch ganz natürlich, sich auszutoben, ohne Mühe, ganz ohne Vorsätze. Warum beginnt Bewegung irgendwann mühsam zu werden? Wann kommt der innere Schweinehund als knallharter Gegner ins Spiel?
Die Familie am Strand ist ein Paradebeispiel dafür, wie schwierig es manchmal sein kann, eine gute Sportroutine aufzubauen – und diese beizubehalten. Dennoch jammert sie auf hohem Niveau, angetrieben von der Stimme der „Aufschieberitis”. Denn wie ist es erst für jene, die es von sich heraus überhaupt nicht schaffen, in Bewegung zu kommen? Was, wenn der innere Schweinehund sich nicht dressieren lässt?
In Österreich haben wir in punkto Gesundheitsprävention Aufholbedarf: Die Lebenserwartung in Österreich ist im Vergleich der 37 OECD-Länder zwar eine der höchsten. Allerdings liegen wir mit nur knapp 60 beschwerdefreien Jahren lediglich im internationalen Mittelfeld. Sport, ausgewogene Ernährung und mentale Gesundheit zählen dabei zu den Grundsäulen erfolgreicher Gesundheitsvorsorge. Doch oft ist das leichter gesagt als getan. Nicht jeder kommt mit dem nötigen Biss auf die Welt, regelmäßig Sport zu betreiben. Nicht jeder hat die Chance, die nötigen Vorbilder zu finden, um zu lernen, wie man von Zielen nicht nur träumen, sondern diese auch erreichen kann. Von einem geschickten Umgang mit der sehr verbreiteten „Aufschieberitis” profitieren wir letztendlich nicht nur im Sport, sondern in vielen Lebensbereichen. Wirkliche Gesundheitsprävention kann dann gelingen, wenn wir das Augenmerk in einem ersten Schritt verstärkt auf mentale Gesundheit richten. Idealerweise sensibilisieren wir schon die Kinder und Jugendlichen dahingehend, ein gutes Gespür für sich und den eigenen Körper zu entwickeln und einen spielerischen Umgang mit dem jungen Schweinehund zu erlernen – also mit schwierigen Emotionen umzugehen. Andernfalls sind unsere Ziele, denen wir uns in den Agenden der Gesundheitsprävention verschrieben haben, möglicherweise zu hoch gesteckt. Auch hier müssen wir unsere Komfortzone einfach mal verlassen, um wachsen zu können.
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