Herzinsuffizienz (HI) ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die unbehandelt zum Tod führt. Ausgehend von der Tatsache, dass die schwerwiegende Erkrankung Herzinsuffizienz im Vormarsch ist und sich die Zahl der Patientinnen und Patienten erhöht, wurde HI-Patientinnen und -Patienten mittels einer Umfrage die Möglichkeit gegeben, ihre tatsächlich empfundenen Wünsche und Bedürfnisse sowie ihr subjektives Erleben transparent zu artikulieren. Die Ergebnisse fließen in den erstmals erstellten österreichischen Patientenbericht zu Herzinsuffizienz ein. | Von Mag. Petra Hafner
Herzinsuffizienz gilt als Erkrankung mit schlechter Prognose. Obwohl in Österreich jährlich mehr als 10.000 Todesfälle aufgrund von Herzinsuffizienz verzeichnet werden und derzeit rund 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung an dieser schwerwiegenden chronischen Erkrankung leiden, wird Herzinsuffizienz – auch als Herzschwäche bezeichnet – in der breiten Öffentlichkeit noch immer unterschätzt.1, 2 Allein die Tatsache, dass einer von fünf Menschen über 40 Jahre in seinem Lebensverlauf an Herzinsuffizienz erkrankt, zeigt die Notwendigkeit, Herzinsuffizienz als schwerwiegende und häufige Erkrankung bekannt zu machen und als ernstzunehmend in den Köpfen der breiten Öffentlichkeit zu verankern.3 Univ.-Doz. Dr. Martin Hülsmann, Leiter der Herzinsuffizienz-Ambulanz des AKH Wien und Leiter der Arbeitsgemeinschaft Herzinsuffizienz der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft (ÖKG), erachtet die chronische Herzinsuffizienz mit einer Häufigkeit von etwa 2 Prozent der erwachsenen Bevölkerung und einer 50-prozentigen Sterblichkeit in fünf Jahren als eine große Herausforderung.2 „Herzinsuffizienz ist gleich häufig wie ein Myokardinfarkt, übertrifft aber viele bösartige Tumore in ihrer Gefährlichkeit“, betont Univ.-Doz. Dr. Hülsmann.
Ursachen und Symptome werden oft unterschätzt
Eine Herzinsuffizienz entwickelt sich als Folge anderer Grunderkrankungen, die entweder schlecht oder nicht behandelt wurden. In erster Linie handelt es sich um koronare Herzkrankheiten, etwa Herzinfarkt, Bluthochdruck oder Herzklappenschäden. Zu den stärksten Risikofaktoren für die Herzinsuffizienz gehören etwa ein hoher Cholesterinwert, Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht sowie Rauchen.2 „Wenn auch große Therapiefortschritte in den letzten 30 Jahren erzielt werden konnten, so ist die Erkrankung immer noch nicht in den Köpfen der Betroffenen und Verantwortungsträger angekommen“, hebt der Leiter der Arbeitsgemeinschaft Herzinsuffizienz der ÖKG hervor. Die häufigsten Symptome der Herzinsuffizienz sind geschwollene Beine, Atemnot und/oder Abgeschlagenheit/Müdigkeit.4 Nur 3 Prozent erkennen diese drei häufigsten Symptome.5 Vielmehr werden diese Symptome von jedem Dritten als normale Alterserscheinung gehalten.5 Diese Einschätzung bestätigt sich bei den Ergebnissen der österreichweiten Befragung im Rahmen des Österreichischen Patientenberichts zu Herzinsuffizienz. Bei der Befragung von 251 HI-Patientinnen und -Patienten gab die Hälfte an, „von dieser Form der Erkrankung erst durch ihre eigene Diagnosestellung erfahren zu haben. Darüber hinaus wurde die Diagnose erst mit einem Ereignis gestellt, welches zur Spitalsaufnahme zwang – also in einem fortgeschrittenen Stadium. Dies verursacht nicht nur hohe Kosten, sondern es geht auch wertvolle Zeit für eine zielführende Behandlung verloren“, unterstreicht Univ.-Doz. Dr. Hülsmann.
Awareness und Therapietreue sind ausschlaggebend für bessere Lebensqualität
Bei den aktuell befragten HI-Patientinnen und Patienten wurde Herzinsuffizienz insbesondere durch einen Arzt im Krankenhaus (55 Prozent) bzw. einem niedergelassenen Internisten oder Kardiologen (31 Prozent) diagnostiziert. Der niedergelassenen Kardiologin und Internistin, Dr. Heidemarie Prager, ist es ein besonderes Anliegen, „die Awareness – also die Wahrnehmung und das Bewusstsein – für das Thema Herzinsuffizienz in der Bevölkerung zu schärfen, um dadurch ein rechtzeitiges Erkennen und Behandeln zu ermöglichen.“ Dies sollte optimalerweise bereits vor einer erforderlichen stationären Aufnahme wegen fortschreitender klinischer Symptome wie z. B. Atemnot erfolgen, so Dr. Prager. Die Erhebung zeigt, dass die häufigsten Beschwerden und Symptome neben Atemnot und Kurzatmigkeit, Flüssigkeitsansammlung, Erschöpfung im Alltag bis hin zu einem ausschließlich in aufrechter Position angenehmen Schlaf reichen. Mehr als die Hälfte der Befragten haben bereits ein bis drei beziehungsweise drei bis fünf Tage im Krankenhaus verbracht. Durchschnittlich verbrachten 19 Prozent der Befragten bis zu drei Tage im Krankenhaus, 25 Prozent bis zu fünf Tage und 20 Prozent länger als eine Woche.
ÖSTERREICHWEITE UMFRAGE ZU HERZINSUFFIZIENZ-PATIENTENBERICHT”
Der Patientenbericht basiert auf einer vom Marktforschungsinstitut Spectra im Auftrag von Novartis Pharma erstellten Umfrage, bei der HI-Patientinnen und -Patienten in HI-Spezialambulanzen und Krankenhäusern ihre Wünsche, Bedürfnisse und Anliegen als Betroffene der Krankheit Herzinsuffizienz mittels anonymisierten Fragebogens angeben konnten. 251 HI-Patientinnen und -Patienten haben an der von Mai bis Oktober 2018 stattgefundenen Befragung teilgenommen.
ZENTRALE ERGEBNISSE:
Knapp jeder zweite HI-Patient/jede zweite HI-Patientin hat vor der Diagnose noch nie von der Erkrankung Herzinsuffizienz gehört.
Über die Hälfte der Befragten (55 Prozent) gaben an, dass die Herzinsuffizienz im Krankenhaus diagnostiziert wurde. Bei
31 Prozent der Befragten wurde die HI beim niedergelassenen Internisten/Kardiologen diagnostiziert.Die befragten Patientinnen und Patienten werden hauptsächlich in Spezialambulanzen der Krankenhäuser (41 Prozent), bei niedergelassenen Internisten/Kardiologen (40 Prozent) und bei niedergelassenen Allgemeinmedizinern (28 Prozent) behandelt.
Knapp jeder dritte Herzinsuffizienz-Patient/jede dritte Herzinsuffizienz-Patientin hatte bereits einen Herzinfarkt. Ein Drittel der Patientinnen und Patienten leidet zudem an einer Verengung der Herzkranzgefäße.
Mehr als 50 Prozent der Befragten geben an, dass sie bereits 1–3 bzw. 3–5 Nächte im Krankenhaus verbracht haben. Durchschnittlich verbrachten 19 Prozent der Befragten bis zu 3 Tage im Krankenhaus, 25 Prozent bis zu 5 Tage und 20 Prozent länger als 7 Tage.
Nur knapp jeder zehnte Patient/jede zehnte Patientin führt regelmäßig ein Herzinsuffizienz-Tagebuch.
8 von 10 Patientinnen/Patienten geben an, dass sie mit der medizinischen Behandlung von Herzinsuffizienz zufrieden sind.
Die Ergebnisse der Umfrage sind online abrufbar unter www.patientenbericht.at
Aufklärung über HI und gutes Arzt-Patienten-Verhältnis sind besonders wichtig
Dank verbesserter Therapiemethoden sind die Fünf-Jahres-Überlebensraten deutlich angestiegen.6 Voraussetzung dafür ist aber die Einhaltung der medizinisch verordneten Therapie. Aus diesem Grund ist es wesentlich, die Therapietreue der Patientinnen und Patienten zu steigern, um den Betroffenen ein längeres Leben und eine bessere Lebensqualität zu ermöglichen. Die Kardiologin Dr. Prager weist darauf hin, dass „Herzinsuffizienz eine häufige Erkrankung ist, die jeden Zehnten der über 70-Jährigen betrifft, für die es aber viele Therapiemöglichkeiten gibt, über die Patientinnen und Patienten aufgeklärt werden sollen – auch um eine möglichst hohe Lebensqualität mit und trotz dieser Erkrankung zu ermöglichen.“ Entscheidend dafür ist eine gute Arzt-Patienten-Beziehung. Dass HI-Patientinnen und -Patienten gut informierte Ärzte und ein ausführliches Gespräch mit dem Arzt sowie auch Informationen zum Verlauf der Erkrankung, möglichen Spätfolgen und Risikofaktoren besonders wichtig sind, ist eines der Ergebnisse der Befragung. Bei der Umfrage gaben 70 Prozent der Patientinnen und Patienten ebenfalls an, nie vom Therapieplan abzuweichen. Gefragt, ob sie ein Herzinsuffizienz-Tagebuch führen, also täglich ihre Werte wie Blutdruck, Puls und Gewicht überprüfen, antworteten hingegen nur 11 Prozent mit „Ja“. Für Christian Fabi, HI-Patient, war die Diagnose Herzinsuffizienz aufgrund der Prognose bei dieser Erkrankung zuerst ein Schock. „Heute, gut ein Jahr später, führe ich trotz der Herzinsuffizienz wieder ein aktives Leben. Mir ist dabei bewusst, wie viel ich selbst dazu beitragen kann: Ich ernähre mich gesünder, bewege mich regelmäßig, nehme alle Checks beim Arzt wahr und selbstverständlich halte ich mich sehr genau an den Therapieplan, den ich mit meinem Arzt vereinbart habe. Dazu führe ich täglich mein HI-Tagebuch.“
Ausgehend von der Tatsache, dass die schwerwiegende Erkrankung Herzinsuffizienz im Vormarsch ist und sich die Zahl der Patientinnen und Patienten erhöht, wurde HI-Patientinnen und -Patienten mit dieser Befragung die Möglichkeit gegeben, ihre tatsächlich empfundenen Wünsche und Bedürfnisse sowie ihr subjektives Erleben in einer möglichst unbeeinflussten Weise transparent zu artikulieren. Die nun vorliegenden Ergebnisse der Umfrage sollen dafür genützt werden, diese mit Vertreterinnen und Vertretern relevanter Institutionen im österreichischen Gesundheitssystem zu diskutieren, aber vor allem um Verbesserungsmöglichkeiten in der Versorgung der betroffenen Patientinnen und Patienten zu finden.
1 Müllner M, Hülsmann M, Mört D., Auswirkungen von Sacubitril/Valsartan auf Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz mit reduzierter Auswurffraktion: Eine epidemiologische Bewertung mit Blick auf Österreich // Impact of Sacubitril/Valsartan Treatment in Patients with Heart Failure. Journal für Kardiologie 2017; 24 (9-10), 200–204.
2 Mosterd A, Hoes AW., Clinical epidemiology of heart failure. Heart 2007;93: 1137–1146.
3 Lloyd-Jones DM et al., Lifetime risk for developing congestive heart failure: the Framingham Heart Study. Circulation 2002; 106:3068–72.
4 Ponikowski P. et al., Eur Heart J 2016 Jul 14; 37(27), 2129–2200.
5 Remme WJ, et al., Public awareness of heart failure in Europe: first results from SHAPE, European Heart Journal 2005; 26:2413–2421.
6 Information für Ärztinnen und Ärzte zum Thema Herzinsuffizienz, www.hauptverband.at/herzinsuffizienz (Zugriff: 4. 12. 2018).
* Befragung zu Österreichischem Patientenbericht zu Herzinsuffizienz 2018.