Bei den 7. PRAEVENIRE Gesundheitstagen im Stift Seitenstetten befassten sich zwei Keynotes mit dem aufgrund von COVID-19 aufgekommenen social distancing und den daraus folgenden Auswirkungen vor allem auf Jugendliche und deren psychische Gesundheit.
Mag. Sophie Brunnhuber, BA
Periskop-Redakteurin
Best-Practice-Beispiele im Umgang mit der COVID-19-Pandemie präsentierte Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Doris Behrens, Leiterin des Departments für Wirtschaft und Gesundheit an der Donau
Universität Krems.
Forschung während der COVID-19-Pandemie
Seit Frühjahr 2020 haben Kurven Einzug in den täglichen Konsum von Informationen und
Nachrichten in allen möglichen Medien gefunden. Dabei ging es um die Immunität in der
Bevölkerung, Infektionsraten oder auch um Genesungen, so Behrens. Besonders wichtig
war hierbei das sogenannte Curve flattening – also die Frage, wie man die Kurve der Infektionszahlen abflachen kann. Die Lösung kam in Form des Social Distancings, Kontaktwahrscheinlichkeiten und somit die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung zu reduzieren.
In Wales, wo Behrens mit ihrem Team für die Versorgung von 600.000 Menschen mit Primärversorgung, Sekundärversorgung, Mental Health und Community Care verantwortlich ist, wurde daran gearbeitet, Fragen zum Umgang mit dem COVID-19-Virus und der Pandemie zu finden. Das Besondere an Wales ist ein einzigartiges Programm, in Zuge dessen eine Reihe habilitierter Mathematikerinnen und Mathematiker aus dem Bereich Operations Research verschiedene Forschungsfragen bearbeitete.
Hier wurden die zu erwartenden Expositionen berechnet und graphisch dargestellt, wobei
Änderungen wie eine neue Variante des Coronavirus, veränderte Verkehrsbeschränkungen oder
Veränderungen im Verhalten der Menschen miteinberechnet und dargestellt wurden. In dieses
Modell wurde auch der Facebook Colocation Index miteinberechnet, der die Vernetzung
der User aufgrund ihres Standortes betrachtet. Dieses Instrument eignete sich, um Reproduktionszahlen von COVID-19-Ansteckungen zu berechnen und Modelle zu kalibrieren.
Die gesammelten Daten über das Virus haben schon früh dazu beigetragen, Wissen zu generieren und dieses praktisch umzusetzen. Dadurch wurde ein Fundament für Entscheidungen geschaffen, das sich an den Grenzen des Systems orientiert, welches wiederum dem Schutz und der Versorgung der Bevölkerung dient, so Behrens.
Psychische Gesundheit und Corona
In ihrer Keynote ging Mag. Dr. Andrea Jesser auf die Frage ein, wie sich COVID-19 auf die
Psyche von Jugendlichen auswirkt. Bereits in einer Studie aus dem Jahr 2017 von Wagner
et al. befassten sich die Forscherinnen und Forscher mit der psychischen Gesundheit junger Menschen in Österreich. Damals war ein Viertel von ihnen von psychischen Erkrankungen betroffen.
An der Universität für Weiterbildung in Krems wurden seit Beginn der Pandemie vier Umfragen unter Jugendlichen zwischen 14 und 20 Jahren in ganz Österreich durchgeführt. Die erste Erhebungswelle fand im Februar 2021 statt, als sich die Jugendlichen bereits seit längerem im Distance Learning befanden. Die Ergebnisse der vier Befragungen zeigen deutlich, dass Symptome einer depressiven Erkrankung über die Sommermonate geringfügig abnahmen, jedoch im Herbst, gemeinsam mit Angsterkrankungen, Schlafstörungen und einem steigenden Stresslevel, wieder zunahmen.
Unterschiede im Grad der Betroffenheit
Besonders betroffen waren weibliche Jugendliche, jene, die sich dem diversen Geschlecht zuordnen, sowie die mit Migrationshintergrund. Die größte Belastung stellten jene Sorgen, die
die Schule betreffen, dar. 40 Prozent gaben an, unter Anforderungen, wie Leistungsdruck, Erwartungen von Lehrpersonal und Eltern, zu leiden. Etwa zehn Prozent nannten die Schulorganisation, besonders das Distance Learning und den Unterricht im Schichtsystem. Die pandemiebedingten Maßnahmen, wie Einschränkungen des öffentlichen Lebens und Schließungen von Lokalen stellten weitere Belastungen dar.
Eine dritte Kategorie betraf Freundschaften und den Kontakt zu Gleichaltrigen. Auch andere soziale Kontakte, wie Familienangehörige, Verwandte und das weitere soziale Umfeld bilden eine eigene Kategorie, die bewusst vom Kontakt zu Gleichaltrigen getrennt wurde. Als selbst bezogene Sorgen fasste das Forschungsteam vor allem psychische Probleme, negative Gefühle und Gedanken, ein Gefühl der Antriebslosigkeit und etwas im Leben zu verpassen zusammen.
In der internationalen Forschungslandschaft zeigt sich, dass mit dem Fortschreiten der Pandemie immer mehr Jugendliche unter Zukunftsängsten leiden und diese stark zunehmen.
Zusammenfassung der Studienergebnisse
Die Befragungen ergaben, welche Faktoren den Jugendlichen in Zeiten der Pandemie die größte Stütze waren.
Soziale Kontakte zu Freundinnen und Freunden, zur Partnerin und zum Partner, sowie zur Familie und dem weiteren sozialen Umfeld
Freizeitaktivitäten wie Musik, lesen, Hobbys nachgehen und Sport
Positives Denken und Pläne für die Zukunft schmieden
Ablenkungen wie Fernsehen, Internet, Social Media und online spielen sowie online shoppen
Flucht aus der Realität: Hier gaben über zehn Prozent der Jugendlichen an, vermehrt Alkohol zu trinken, Zigaretten zu rauchen oder Drogen zu konsumieren
Obwohl sich ein großer Teil der Jugendlichen Unterstützung wünschten, gaben nur 3,3 Prozent an, professionelle psychologische Hilfe als hilfreich zu erleben. Der Wunsch nach kostenloser therapeutischer Hilfe wurde von fast 50 Prozent der Befragten geäußert.
Weitere Ergebnisse zeigten, dass sie sich mehr Verständnis für psychische Probleme und schulische Überforderung wünschten, sowie weniger Leistungsdruck von Lehrerinnen und Lehrern, sowie Eltern. Außerdem mehr konkrete Hilfestellungen und die Thematisierung psychischer Probleme in der Schule.
Bezüglich psychischer Erkrankungen zeigten sich folgende Ergebnisse: Die psychische Gesundheit junger Menschen hat sich durch die Pandemie massiv verschlechtert, auch
bekannte Risikofaktoren, wie Geschlecht und Migrationshintergrund, haben Auswirkungen.
Schülerinnen und Schüler nehmen schulische Anforderungen als sehr belastend wahr, sie erleben zum Teil auch wenig Unterstützung bezüglich schulischer Leistungen oder psychologischer Probleme. Die Möglichkeit, zur Schule zu gehen, begünstigt jedoch die
mentale Gesundheit. Zur Lösung der genannten Probleme benötigen junge Menschen mehr und vor allem niederschwellige Unterstützung von Fachpersonal.
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