Die wissenschaftliche Evidenz über Verbesserungen des Gesundheitszustandes durch osteopathische Behandlungen bekommt immer mehr Gewicht. So attestiert ein aktueller HTA-Projektbericht die positive Wirkung osteopathischer Anwendungen im Bereich Nacken- und Kreuzschmerzen. Zudem wird betont, dass eine gesetzliche Regulierung der Ausbildung, Praxis und Weiterbildung erforderlich ist, um das Vertrauen in die Osteopathie zu stärken und die Patientensicherheit zu gewährleisten.
Carola Bachbauer, BA, MSc
Periskop-Redakteurin
Die Osteopathie erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Umso wichtiger ist die wissenschaftliche Evaluierung osteopathischer Behandlungen. „Für die Osteopathie in Österreich ist es besonders wertvoll, wenn sich unabhängige, wissenschaftliche Forschungseinrichtungen, wie HTA Austria – Austrian Institute for Health Technology Assessment GmbH, mit unserer Fachdisziplin auseinandersetzen“, betont Margit Halbfurter, MSc D. O., Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Osteopathie (OEGO). Der im November 2022 erschienene HTA-Projektbericht mit dem Titel „Osteopathie: Wirksamkeit und Sicherheit bei Schmerzen des Bewegungs- und Stützapparates und Überblick über Ausbildungs- und Qualitätsanforderungen“
listet einerseits Belege zur Wirksamkeit und Sicherheit von Osteopathie bei der Behandlung von Schmerzen des Bewegungs- und Stützapparates auf. Andererseits gibt er einen Überblick über die Ausbildungs- und Qualitätsanforderungen sowie Vorschriften für den Beruf Osteopathin, Osteopath in Europa. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Osteopathie Nacken- und Kreuzschmerzen kurz- und mittelfristig verbessern kann. Zusätzlich besteht eine mögliche Wirksamkeit bei Schulter- und Fußschmerzen. In zwei von drei Studien konnten Verbesserungen nach nur einer osteopathischen Behandlung beobachtet werden. Laut dem HTA-Projektbericht
konnte darüber hinaus belegt werden, dass die Osteopathie aufgrund der kaum berichteten Nebenwirkungen als eine sichere Behandlungsform angesehen werden kann und durch osteopathische Leistungen keine statistisch oder klinisch signifikanten Verschlechterungen auftreten. „Der HTA-Bericht ist eine weitere Publikation, die die Evidenz der Osteopathie zeigt und darlegt, welchen wertvollen Beitrag sie zur Verbesserung der Versorgung diverser Krankheitsbilder leisten kann. Wir freuen uns sehr darüber, dass die Wissenschaft unsere Sicht auf die Wirksamkeit der Osteopathie untermauert“, erklärt Halbfurter. Die OEGO hat selbst Anfang 2022 eine Überblicksstudie mit dem Titel „Wirksamkeit und Sicherheit osteopathischer
Behandlungen“, durchgeführt von dem Institut für Allgemeinmedizin und evidenzbasierte Versorgungsforschung der Medizinischen Universität Graz, in Auftrag gegeben. Die Resultate wurden im Rahmen der PRAEVENIRE Gesundheitstage Alpbach 2022 präsentiert (siehe
PERISKOP 107). „Die Studie der Med Uni Graz sowie die Erkenntnisse des HTA-Projektberichts stimmen uns positiv und bilden eine wertvolle Basis für unsere weitere Arbeit, um dem Ziel der gesetzlichen Anerkennung des Berufsbilds der Osteopathie näher zu kommen“, so Halbfurter.
Der HTA-Bericht ist eine weitere Publikation, die die Evidenz der Osteopathie zeigt und darlegt, welchen wertvollen Beitrag sie zur Verbesserung der Versorgung diverser Krankheitsbilder leisten kann. Wir freuen uns sehr darüber, dass die Wissenschaft unsere Sicht auf die Wirksamkeit der Osteopathie untermauert. Damit zeigt die HTA Austria als unabhängige Stelle, wie essenziell die von uns geforderte gesetzliche Regulierung der Ausbildung ist, um die höchstmögliche Qualität der Behandlung der Patientinnen und Patienten sicherzustellen.
Margit Halbfurter
Standardisierung der Ausbildung
In Österreich führen 1.500 bis 2.000 Osteopathinnen und Osteopathen pro Woche rund
30.000 Behandlungen durch. „Wie die im Vorjahr von Univ.-Prof. Dr. Andrea Siebenhofer Kroitzsch von der Med Uni Graz präsentierte Studie zur Wirksamkeit und Sicherheit osteopathischer Behandlungen zeigt, liegt die höchste Evidenz bei erwachsenen Personen mit
chronischem, nicht-onkologischem Schmerz, chronischem unspezifischem Kreuzschmerz,
Kreuzschmerz während der Schwangerschaft und bei akutem Nackenschmerz. Probleme in
diesen Bereichen gehören zu den häufigsten Beschwerden der Bevölkerung und erklären die hohe Nachfrage nach osteopathischen Leistungen.
Die Osteopathinnen und Osteopathen, die künftig das OEGO-Qualitätslogo führen wollen, müssen über einen Abschluss einer OEGO geprüften Ausbildung verfügen und die osteopathischen Standards der OEGO anerkennen.
Margit Halbfurter
Sebastian Soika, MSc D.O., Osteopath, Vorstandsmitglied OEGO
Dies zeigt zudem die wichtige Rolle der Osteopathie für die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten“, sagt Halbfurter. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, wie beispielsweise Frankreich, Portugal, Schweiz, Liechtenstein und Malta, ist das Berufsbild der Osteopathin, des Osteopathen in Österreich nicht gesetzlich geregelt und geschützt. Dadurch gibt es eine Reihe von Ausbildungen, die weder adäquat sind, noch der Europäischen Norm entsprechen. Das führt dazu, dass sich jede und jeder in Österreich Osteopathin oder Osteopath nennen kann und es keine verbindlichen Qualitätsrichtlinien in der Behandlung gibt.
„Im Sinne der Qualitätssicherung und vor allem für die Sicherheit der Patientinnen und
Patienten ist es notwendig, die Osteopathie als eigenständiges, gesetzlich anerkanntes
Berufsbild in unserem Gesundheitssystem zu verankern. Denn Patientinnen und Patienten haben das Recht auf höchste Behandlungsqualität“, erklärt die Präsidentin der OEGO. Diese Erkenntnis geht auch aus dem HTA-Projektbericht hervor. Laut diesem ist eine gesetzliche Regulierung des Berufs Osteopathin, Osteopath von entscheidender Bedeutung. Nur so könne das Vertrauen in die Osteopathie gestärkt und die Patientensicherheit gewährleistet werden. Wichtig bei der gesetzlichen Anerkennung des Gesundheitsberufs Osteopathie sei es, laut der HTA Publikation, die zukünftigen Ausbildungs- und Qualitätsanforderungen für Österreich
an die gegebenen internationalen Standards anzupassen. „Damit zeigt die HTA Austria als unabhängige Stelle, wie essenziell die von uns geforderte gesetzliche Regulierung der Ausbildung ist, um die höchstmögliche Qualität der Behandlung der Patientinnen und Patienten sicherzustellen“, betont die Präsidentin der OEGO. International existieren zwei Ausbildungsstandards für den Fachbereich Osteopathie: Die „Benchmarks for Training in Osteopathy“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die CEN-Standards, welche in der EN 16686 festgehalten wurden. Die CEN-Standards unterschieden zudem zwischen zwei Ausbildungsarten: Typ I und Typ II. Während es sich bei Typ I um eine grundständige, akademische Vollzeitausbildung handelt – bereits in zehn europäischen Ländern anerkannt –, ist Typ II eine berufsbegleitende Ausbildung für Personen mit abgeschlossenem medizinischen Gesundheitsberuf oder Ärztinnen und Ärzten. In dem Curriculum werden für beide Typen die wesentlichen Kompetenzen in den Ausbildungsprogrammen festgelegt, wobei der Schwerpunkt auf der Behandlung der Patientinnen sowie Patienten und nicht auf einzelnen Krankheiten liegt.
In Österreich ist die Zugangsvoraussetzung für die akademische Ausbildung zurzeit auf
Personen mit einer Physiotherapieausbildung oder einer abgeschlossenen Arztausbildung
beschränkt. „Im Jahre 2022 standen ca. 40 Personen mit Vollzeitausbildung, die gerne in
Österreich arbeiten würden, auf der ‚Warteliste‘. Aufgrund der fehlenden Anerkennung ist
ihnen dies jedoch nicht möglich. Eine gesetzliche Regulierung der Ausbildung würde nicht nur die Patientensicherheit gewährleisten, sondern auch mehr Arbeitskräfte schaffen, die zurzeit im österreichischen Gesundheitssystem Mangelware sind“, erläutert Halbfurter.
Kostenrückerstattung benötigt Regulierung des Berufs
Osteopathische Leistungen werden derzeit von Seiten der Krankenkassen in Österreich
nicht übernommen. Die fehlende Anerkennung als gesetzlich geregelter Gesundheitsberuf ist ein Grund dafür. Bereits bei den PRAEVENIRE Talks in Alpbach 2022 wurde das Thema Kostenübernahme der Osteopathie behandelt. Hierbei zeigten sich sowohl Dr. Arno Melitopulos, Leiter der Landesstelle Tirol der ÖGK und Leiter der Abteilung für Versorgungsmanagement 3 der ÖGK, als auch Andreas Huss, MBA, damals Obmann der Österreichischen Gesundheitskasse, durchaus bereit, die Behandlungen der Osteopathie als Kassenleistung anzubieten. Voraussetzung für die Aufnahme des Angebots in den Leistungskatalog sei, laut den beiden, jedoch die gesetzliche Verankerung des Berufsbilds. Dieselbe Meinung vertreten auch die beiden Autorinnen der HTA-Publikation. Sie sehen für die Kostenrückerstattung eine gesetzliche Regulierung des Gesundheitsberufs als notwendig an.
Das Gütezeichen wirkt in zwei Richtungen: Zum einen gibt es jenen Menschen, die eine osteopathische Leistung in Anspruch nehmen möchten, einen Hinweis über die Qualität, die sie erhalten. Zum anderen zeichnet es jene Osteopathinnen und Osteopathen aus, die nach den strengen Regeln der OEGO zertifiziert sind.
Margit Halbfurter
Qualitätssicherheit in der Osteopathie
Die OEGO, als freiwillige Interessensvertretung, setzt sich intensiv für einen einheitlichen, gesetzlichen Standard in der Ausbildung und für die Reglementierung des osteopathischen Berufstandes ein. Dies bringt die OEGO in ihren drei Kernzielen – gesetzliche Anerkennung als Gesundheitsberuf, Sicherung höchster Aus- und Weiterbildung sowie niederschwelliger Zugang zu osteopathischen Behandlungen auf Kassenleistung – zum Ausdruck. „Wir wollen, dass die Patientinnen und Patienten in Österreich nach besten Standards behandelt werden. Das setzt voraus, dass unsere Mitglieder über entsprechende akademische Ausbildungen verfügen“, präzisiert Halbfurter.
Deshalb hat die OEGO sich dazu entschlossen, die strengen Qualitätsvorgaben optisch klar zum Ausdruck zu bringen. Dazu hat sie ein Qualitätssiegel entwickelt. „Die Osteopathinnen und Osteopathen, die künftig das OEGO-Qualitätslogo führen wollen, müssen über einen Abschluss einer OEGO geprüften Ausbildung verfügen und die osteopathischen Standards der OEGO anerkennen“, informiert Halbfurter. Mit diesen klaren Qualitätskriterien grenzt sich die OEGO
im Sinne der Patientensicherheit von Trittbrettfahrerinnen und -fahrern und oftmals gleichlautenden esoterischen Praktiken ab. „Das Gütezeichen wirkt in zwei Richtungen: Zum einen gibt es jenen Menschen, die eine osteopathische Leistung in Anspruch nehmen möchten, einen Hinweis über die Qualität, die sie erhalten. Zum anderen zeichnet es jene Osteopathinnen und Osteopathen aus, die nach den strengen Regeln der OEGO zertifiziert sind“, sagt Halbfurter. Osteopathinnen und Osteopathen, die mit dem OEGO-Zertifikat ausgezeichnet sind, können über die OEGOWebsite www.oego.at gefunden werden. Des Weiteren lassen sie sich an dem Qualitätssiegel auf deren Website, Praxisschildern bzw.
Visitenkarte erkennen. Zusätzlich erhalten sie eine Zertifizierungsurkunde für die Praxis.
Nur zertifizierte Osteopathinnen und Osteopathen sind berechtigt, das Qualitätssiegel in
Kombination mit der Mitgliedsnummer sowie einem QR-Code, der direkt auf das Kurzprofil
der jeweiligen Osteopathin oder des jeweiligen Osteopathen auf der OEGO-Website weiterleitet, auf ihren Praxis- und Arbeitsunterlagen zu führen. Dieses Qualitätssiegel ist ausschließlich in Verbindung mit der angeführten Mitgliedsnummer gültig.
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